Bachkantaten in der Predigerkirche
 
 

BWV 165
O heilges Geist- und Wasserbad

Besetzung: Soli: S A T B, Coro: S A T B, Violino I/II, Viola, Bassono, Continuo
Erstaufführung: 16. Juni 1715
Text: Salomo Franck 1715; 6. Ludwig Helmbold 1575
Anlass: Trinitatis

1. (Aria) S
Violino I/II, Viola, Bassono, Continuo
O heilges Geist- und Wasserbad,
Das Gottes Reich uns einverleibet
Und uns ins Buch des Lebens schreibet!
O Flut, die alle Missetat
Durch ihre Wunderkraft ertränket
Und uns das neue Leben schenket!
O heilges Geist- und Wasserbad!

2. Recitativo B
Continuo
Die sündige Geburt verdammter Adamserben
Gebieret Gottes Zorn, den Tod und das Verderben.
Denn was vom Fleisch geboren ist,
Ist nichts als Fleisch, von Sünden angestecket,
Vergiftet und beflecket.
Wie selig ist ein Christ!
Er wird im Geist- und Wasserbade
Ein Kind der Seligkeit und Gnade.
Er ziehet Christum an
Und seiner Unschuld weiße Seide,
Er wird mit Christi Blut, der Ehren Purpurkleide,
Im Taufbad angetan.

3. Aria A
Continuo
Jesu, der aus großer Liebe
In der Taufe mir verschriebe
Leben, Heil und Seligkeit,
Hilf, dass ich mich dessen freue
Und den Gnadenbund erneue
In der ganzen Lebenszeit.

4. Recitativo B
Violino I/II, Viola, Bassono, Continuo
Ich habe ja, mein Seelenbräutigam,
Da du mich neu geboren,
Dir ewig treu zu sein geschworen,
Hochheilges Gotteslamm;
Doch hab ich, ach! den Taufbund oft gebrochen
Und nicht erfüllt, was ich versprochen,
Erbarme, Jesu, dich aus Gnaden über mich!
Vergib mir die begangne Sünde,
Du weißt, mein Gott, wie schmerzlich ich empfinde
Der alten Schlangen Stich;
Das Sündengift verderbt mir Leib und Seele,
Hilf, dass ich gläubig dich erwähle,
Blutrotes Schlangenbild,
Das an dem Kreuz erhöhet,
Das alle Schmerzen stillt
Und mich erquickt, wenn alle Kraft vergehet.

5. Aria T
Violino I/II, Continuo
Jesu, meines Todes Tod,
Lass in meinem Leben
Und in meiner letzten Not
Mir für Augen schweben,
Dass du mein Heilschlänglein seist
Vor das Gift der Sünde.
Heile, Jesu, Seel und Geist,
Dass ich Leben finde!

6. Choral
Sein Wort, sein Tauf, sein Nachtmahl
Dient wider allen Unfall,
Der Heilge Geist im Glauben
Lehrt uns darauf vertrauen.

 
 

BWV 176
Es ist ein trotzig und verzagt Ding

Besetzung: Soli: S A B, Coro: S A T B, Hautbois I/II, Hautbois da caccia I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 27. Mai 1725
Text: Christiane Mariane von Ziegler 1728; 1: Jeremia 17,9; 6: Paul Gerhardt 1653
Anlass: Trinitatis

1. (Coro)
Hautbois I/II, Hautbois da caccia, Violino I/II, Viola, Continuo
Es ist ein trotzig und verzagt Ding um aller Menschen Herze.

2. Recitativo A
Continuo
Ich meine, recht verzagt,
Dass Nikodemus sich bei Tage nicht,
Bei Nacht zu Jesu wagt.
Die Sonne musste dort bei Josua so lange stille stehn,
So lange bis der Sieg vollkommen war geschehn;
Hier aber wünschet Nikodem: O säh ich sie zu Rüste gehn!

3. Aria S
Violino I/II, Viola, Continuo
Dein sonst hell beliebter Schein
Soll vor mich umnebelt sein,
Weil ich nach dem Meister frage,
Denn ich scheue mich bei Tage.
Niemand kann die Wunder tun,
Denn sein Allmacht und sein Wesen,
Scheint, ist göttlich auserlesen,
Gottes Geist muss auf ihm ruhn.

4. Recitativo B
Continuo
So wundre dich, o Meister, nicht,
Warum ich dich bei Nacht ausfrage!
Ich fürchte, dass bei Tage
Mein Ohnmacht nicht bestehen kann.
Doch tröst ich mich, du nimmst mein Herz und Geist
Zum Leben auf und an,
Weil alle, die nur an dich glauben, nicht verloren werden.

5. Aria A
Hautbois I/II, Hautbois da caccia, Continuo
Ermuntert euch, furchtsam und schüchterne Sinne,
Erholet euch, höret, was Jesus verspricht:
Dass ich durch den Glauben den Himmel gewinne.
Wenn die Verheißung erfüllend geschicht,
Werd ich dort oben
Mit Danken und Loben
Vater, Sohn und Heilgen Geist
Preisen, der dreieinig heißt.

6. Choral
Auf dass wir also allzugleich
Zur Himmelspforten dringen
Und dermaleinst in deinem Reich
Ohn alles Ende singen,
Dass du alleine König seist,
Hoch über alle Götter,
Gott Vater, Sohn und Heilger Geist,
Der Frommen Schutz und Retter,
Ein Wesen drei Personen.

 
 

BWV 194
Höchsterwünschtes Freudenfest

Besetzung: Soli: S T B, Coro: S A T B, Hautbois I-III, Violino I/II, Viola, Bassono, Continuo
Erstaufführung: 2. November 1723
Text: unbekannter Dichter; 6: Johann Heermann 1630; 12: Paul Gerhardt 1647
Anlass: Orgelweihe; Trinitatis

Erster Teil
1. Coro
Hautbois I-III, Bassono, Violino I/II, Viola, Continuo
Höchsterwünschtes Freudenfest,
Das der Herr zu seinem Ruhme
Im erbauten Heiligtume
Uns vergnügt begehen lässt.
Höchsterwünschtes Freudenfest!

2. Recitativo B
Continuo
Unendlich großer Gott, ach wende dich
Zu uns, zu dem erwähleten Geschlechte,
Und zum Gebete deiner Knechte!
Ach, lass vor dich
Durch ein inbrünstig Singen
Der Lippen Opfer bringen!
Wir weihen unsre Brust dir offenbar
Zum Dankaltar.
Du, den kein Haus, kein Tempel fasst,
Da du kein Ziel noch Grenzen hast,
Lass dir dies Haus gefällig sein, es sei dein Angesicht
Ein wahrer Gnadenstuhl, ein Freudenlicht.

3. Aria B
Hautbois, Violino I/II, Viola, Continuo
Was des Höchsten Glanz erfüllt,
Wird in keine Nacht verhüllt,
Was des Höchsten heilges Wesen
Sich zur Wohnung auserlesen,
Wird in keine Nacht verhüllt,
Was des Höchsten Glanz erfüllt.

4. Recitativo S
Continuo
Wie könnte dir, du höchstes Angesicht,
Da dein unendlich helles Licht
Bis in verborgne Gründe siehet,
Ein Haus gefällig sein?
Es schleicht sich Eitelkeit allhie an allen Enden ein.
Wo deine Herrlichkeit einziehet,
Da muss die Wohnung rein
Und dieses Gastes würdig sein.
Hier wirkt nichts Menschenkraft,
Drum lass dein Auge offenstehen
Und gnädig auf uns gehen;
So legen wir in heilger Freude dir
Die Farren und die Opfer unsrer Lieder
Vor deinem Throne nieder
Und tragen dir den Wunsch in Andacht für.

5. Aria S
Violino I/II, Viola, Continuo
Hilf, Gott, dass es uns gelingt,
Und dein Feuer in uns dringt,
Dass es auch in dieser Stunde
Wie in Esaiae Munde
Seiner Wirkung Kraft erhält
Und uns heilig vor dich stellt.

6. Choral
Hautbois I-III, Violino I/II, Viola, Continuo
Heilger Geist ins Himmels Throne,
Gleicher Gott von Ewigkeit
Mit dem Vater und dem Sohne,
Der Betrübten Trost und Freud!
Allen Glauben, den ich find,
Hast du in mir angezündt,
Über mir in Gnaden walte,
Ferner deine Gnad erhalte.
Deine Hilfe zu mir sende,
O du edler Herzensgast!
Und das gute Werk vollende,
Das du angefangen hast.
Blas in mir das Fünklein auf,
Bis dass nach vollbrachtem Lauf
Ich den Auserwählten gleiche
Und des Glaubens Ziel erreiche.

Zweiter Teil
7. Recitativo T
Continuo
Ihr Heiligen, erfreuet euch,
Eilt, eilet, euren Gott zu loben:
Das Herze sei erhoben
Zu Gottes Ehrenreich,
Von dannen er auf dich,
Du heilge Wohnung, siehet
Und ein gereinigt Herz zu sich
Von dieser eitlen Erde ziehet.
Ein Stand, so billig selig heißt,
Man schaut hier Vater, Sohn und Geist.
Wohlan, ihr gotterfüllte Seelen!
Ihr werdet nun das beste Teil erwählen;
Die Welt kann euch kein Labsal geben,
Ihr könnt in Gott allein vergnügt und selig leben.

8. Aria T
Continuo
Des Höchsten Gegenwart allein
Kann unsrer Freuden Ursprung sein.
    Vergehe, Welt, mit deiner Pracht,
    In Gott ist, was uns glücklich macht!

9. Recitativo (Duetto) B S
Continuo
Basso
Kann wohl ein Mensch zu Gott im Himmel steigen?
Soprano
Der Glaube kann den Schöpfer zu ihm neigen.
Basso
Er ist oft ein zu schwaches Band.
Soprano
Gott führet selbst und stärkt des Glaubens Hand,
Den Fürsatz zu erreichen.
Basso
Wie aber, wenn des Fleisches Schwachheit wollte weichen?
Soprano
Des Höchsten Kraft wird mächtig in den Schwachen.
Basso
Die Welt wird sie verlachen.
Soprano
Wer Gottes Huld besitzt, verachtet solchen Spott.
Basso
Was wird ihr außer diesen fehlen!
Soprano
Ihr einzger Wunsch, ihr alles ist in Gott.
Basso
Gott ist unsichtbar und entfernet:
Soprano
Wohl uns, dass unser Glaube lernet,
Im Geiste seinen Gott zu schauen.
Basso
Ihr Leib hält sie gefangen.
Soprano
Des Höchsten Huld befördert ihr Verlangen,
Denn er erbaut den Ort, da man ihn herrlich schaut.
Beide
Da er den Glauben nun belohnt
Und bei uns wohnt,
Bei uns als seinen Kindern,
So kann die Welt und Sterblichkeit die Freude nicht vermindern.

10. Aria (Duetto) S B
Hautbois I/II, Continuo
O wie wohl ist uns geschehn,
Dass sich Gott ein Haus ersehn!
    Schmeckt und sehet doch zugleich,
    Gott sei freundlich gegen euch.
    Schüttet eure Herzen aus
    Hier vor Gottes Thron und Haus!

11. Recitativo B
Continuo
Wohlan demnach, du heilige Gemeine,
Bereite dich zur heilgen Lust!
Gott wohnt nicht nur in einer jeden Brust,
Er baut sich hier ein Haus.
Wohlan, so rüstet euch mit Geist und Gaben aus,
Dass ihm sowohl dein Herz als auch dies Haus gefalle!

12. Choral
Sprich Ja zu meinen Taten,
Hilf selbst das Beste raten;
Den Anfang, Mittl und Ende,
Ach, Herr, zum besten wende!
Mit Segen mich beschütte,
Mein Herz sei deine Hütte,
Dein Wort sei meine Speise,
Bis ich gen Himmel reise!

 
 
 
 
 
 
 

 

Texte mit freundlicher Genehmigung übernommen von der Website
The Bach Cantatas (Walter F. Bischof)