Bachkantaten in der Predigerkirche
 
 

BWV 27
Wer weiß, wie nahe mir mein Ende?

Besetzung: Soli: S A T B, Coro: S A T B, Corno, Hautbois I/II, Hautbois da caccia, Organo obligato, Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 6. Oktober 1726
Text: unbekannter Dichter; 1. Ämilie Juliane von Schwarzburg-Rudolstadt 1695; 3: Erdmann Neumeister; 6: Johann Georg Albinus 1649
Anlass: 16. Sonntag nach Trinitatis

 

1. (Choral e Recitativi) S A T B
Corno, Hautbois I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Wer weiß, wie nahe mir mein Ende?
Soprano
Das weiß der liebe Gott allein,
Ob meine Wallfahrt auf der Erden
Kurz oder länger möge sein.
Hin geht die Zeit, her kommt der Tod,
Alto
Und endlich kommt es doch so weit,
Dass sie zusammentreffen werden.
Ach, wie geschwinde und behände
Kann kommen meine Todesnot!
Tenore
Wer weiß, ob heute nicht
Mein Mund die letzten Worte spricht.
Drum bet ich alle Zeit:
Mein Gott, ich bitt durch Christi Blut,
Mach's nur mit meinem Ende gut!

2. Recitativo T
Continuo
Mein Leben hat kein ander Ziel,
Als dass ich möge selig sterben
Und meines Glaubens Anteil erben;
Drum leb ich allezeit
Zum Grabe fertig und bereit,
Und was das Werk der Hände tut,
Ist gleichsam, ob ich sicher wüsste,
Dass ich noch heute sterben müßte:
Denn Ende gut, macht alles gut!

3. Aria A
Hautbois da caccia, Organo obligato, Continuo
Willkommen! will ich sagen,
Wenn der Tod ans Bette tritt.
    Fröhlich will ich folgen, wenn er ruft,
    In die Gruft,
    Alle meine Plagen
    Nehm ich mit.

4. Recitativo S
Violino I/II, Viola, Continuo
Ach, wer doch schon im Himmel wär!
Ich habe Lust zu scheiden
Und mit dem Lamm,
Das aller Frommen Bräutigam,
Mich in der Seligkeit zu weiden.
Flügel her!
Ach, wer doch schon im Himmel wär!

5. Aria B
Violino I/II, Viola, Continuo
Gute Nacht, du Weltgetümmel!
    Itzt mach ich mit dir Beschluss;
    Ich steh schon mit einem Fuß
    Bei dem lieben Gott im Himmel.

6. Choral
Welt, ade! ich bin dein müde,
Ich will nach dem Himmel zu,
Da wird sein der rechte Friede
Und die ewge, stolze Ruh.
Welt, bei dir ist Krieg und Streit,
Nichts denn lauter Eitelkeit,
In dem Himmel allezeit
Friede, Freud und Seligkeit

 
 

Georg Christian Schemelli
(um 1680 - 1762)
Musicalisches GESANG=BUCH, Darinnen 954 geistreiche, sowohl alte als neue Lieder und Arien, mit wohlgesetzten Melodien, in Discant und Baß, befindlich sind; Vornehmlich denen Evangelischen Gemeinen im Stifte Naumburg-Zeitz gewidmet, und mit einer Vorrede Sr. Hocherhrw. HERRN FRIEDRICH SCHULZENS ... herausgegeben von GEORGE CHRISTIAN SCHEMELLI, Schloß-Cantore daselbst. ... Leipzig, 1736.

Im Vorwort des Schlosspredigers Schulze heisst es:

"Die in diesem Musicalischen Gesangbuche befindlichen Melodien, sind von Sr. Hochedl. Herrn Johann Sebastian Bach, Hochfürstl. Sächß. Capellmeister und Directore Chori Musici in Leipzig, theils ganz neu componiret, theils auch von Ihm im General-Baß verbessert, und beym Anfange eines jeden Liedes gleich eingedrucket worden."

Der genaue Beitrag Bachs zu Melodien und Continuo-Aussetzungen ist in der Forschung allerdings umstritten.

 

BWV 492
O finstre Nacht, wenn wirst du doch vergehen?
Text: Georg Friedrich Breithaupt 1704;
Gesangbuch Nr. 891

1.
O finstre Nacht, wenn wirst du doch vergehen?
Wenn bricht mein Lebenslicht herfür?
Wenn werd ich doch von Sünden auferstehen
und leben nur allein in dir?
Wenn werd ich in Gerechtigkeit
dein Antlitz sehen allezeit?
Wenn werd ich satt und froh mit Lachen,
o Herr! nach deinem Bild erwachen?

10.
Ja, ja, ich komm! hör ich den Lebensfürsten
schon rufen in dem Widerhall:
Es trinken, die nach meinem Wasser dürsten,
mein Geist macht Odem überall.
Ja komm, Herr Jesu, deine Gnad
sei bei uns allen früh und spat,
lass bei uns bleiben deinen Samen,
dass wir nicht können sündgen. Amen!

 

BWV 439
Ach, dass nicht die letzte Stunde
Text: Erdmann Neumeister 1705;
Gesangbuch 831

1.
Ach, dass nicht die letzte Stunde
Meines Lebens heute schlägt!
Mich verlangt von Herzensgrunde,
dass man mich zu Grabe trägt;
denn ich darf den Tod nicht scheuen,
ich bin längst mit ihm bekannt
führt er doch aus Wüsteneien
mich ins das gelobte Land.

6.
Gute Nacht, ihr Eitelkeiten!
Falsches Leben, gute Nacht!
Gute Nacht, ihr schnöden Zeiten!
Denn mein Abschied ist gemacht.
Weil ich lebe, will ich sterben,
bis die Todesstunde schlägt,
da man mich als Gottes Erben
durch das Grab in Himmel trägt.

 

BWV 478
Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
Text: Anonymus, 1724;
Gesangbuch Nr. 868

1.
Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
Komm, führe mich in Friede,
weil ich der Welt bin müde,
ach komm, ich wart auf dich,
komm bald und führe mich,
drück mir die Augen zu
komm selge Ruh!

5.
Komm süßer Tod, komm selge Ruh!
Ich will nun Jesum sehen
und bei den Engeln stehen.
Es ist nunmehr vollbracht,
drum Welt zu guter Nacht,
mein Augen sind schon zu.
Komm selge Ruh!

 
 

BWV 148
Bringet dem Herrn Ehre seines Namens

Besetzung: Soli: A T, Coro: S A T B, Tromba, Hautbois d'amour I/II, Hautbois da caccia, Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 19. September 1723
Text: Christian Friedrich Henrici (Picander) 1725; Umdichtung eines unbekannten Bearbeiters. 1: Psalm 29,2; 6: Text im Original nicht überliefert, Ergänzung: Johann Heermann 1630
Anlass: 17. Sonntag nach Trinitatis

 

1. Coro
Tromba, Hautbois d'amour I/II, Hautbois da caccia,
Violino I/II, Viola, Continuo

Bringet dem Herrn Ehre seines Namens, betet an den Herrn im heiligen Schmuck.

2. Aria T
Violino, Continuo
Ich eile, die Lehren
Des Lebens zu hören
Und suche mit Freuden das heilige Haus.
    Wie rufen so schöne
    Das frohe Getöne
    Zum Lobe des Höchsten die Seligen aus!

3. Recitativo A
Violino I/II, Viola, Continuo
So wie der Hirsch nach frischem Wasser schreit,
So schrei ich, Gott, zu dir.
Denn alle meine Ruh
Ist niemand außer du.
Wie heilig und wie teuer
Ist, Höchster, deine Sabbatsfeier!
Da preis ich deine Macht
In der Gemeine der Gerechten.
O! wenn die Kinder dieser Nacht
Die Lieblichkeit bedächten,
Denn Gott wohnt selbst in mir.

4. Aria A
Hautbois d'amour I/II, Hautbois da caccia, Continuo
Mund und Herze steht dir offen,
Höchster, senke dich hinein!
    Ich in dich, und du in mich;
    Glaube, Liebe, Dulden,Hoffen
    Soll mein Ruhebette sein.

5. Recitativo T
Continuo
Bleib auch, mein Gott, in mir
Und gib mir deinen Geist,
Der mich nach deinem Wort regiere,
Dass ich so einen Wandel führe,
Der dir gefällig heißt,
Damit ich nach der Zeit
In deiner Herrlichkeit,
Mein lieber Gott, mit dir
Den großen Sabbat möge halten.

6. Choral
(Führ auch mein Herz und Sinn
Durch deinen Geist dahin,
Dass ich mög alles meiden,
Was mich und dich kann scheiden,
Und ich an deinem Leibe
Ein Gliedmaß ewig bleibe.)

 
 
 

 

Texte mit freundlicher Genehmigung übernommen von der Website
The Bach Cantatas (Walter F. Bischof)