Bachkantaten in der Predigerkirche
 
 
BWV 204
Ich bin in mir vergnügt

Solo: S; Traversa, Hautbois I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 1726/27
Text: 1-6: Christian Friedrich Hunold (Menantes) 1713;
7, 8: unbekannter Dichter

1. Recitativo
Continuo
Ich bin in mir vergnügt,
Ein andrer mache Grillen,
Er wird doch nicht damit
Den Sack noch Magen füllen.

Bin ich nicht reich und groß,
Nur klein von Herrlichkeit,
Macht doch Zufriedensein
In mir erwünschte Zeit.

Ich rühme nichts von mir:
Ein Narr rührt seine Schellen;
Ich bleibe still vor mich:
Verzagte Hunde bellen.

Ich warte meines Tuns
Und lass auf Rosen gehn,
Die müßig und darbei
In großem Glücke stehn.

Was meine Wollust ist,
Ist, meine Lust zu zwingen;
Ich fürchte keine Not,
Frag nichts nach eitlen Dingen.

Der gehet nach dem Fall
In Eden wieder ein
Und kann in allem Glück
Auch irdisch selig sein.

2. Aria
Hautbois I/II, Continuo
Ruhig und in sich zufrieden
Ist der größte Schatz der Welt.
    Nichts genießet, der genießet,
    Was der Erden Kreis umschließet,
    Der ein armes Herz behält.

3. Recitativo
Violino I/II, Viola, Continuo
Ihr Seelen, die ihr außer euch
Stets in der Irre lauft
Und vor ein Gut, das schattenreich,
Den Reichtum des Gemüts verkauft;
Die der Begierden Macht gefangen hält:
Durchsuchet nur die ganze Welt!
Ihr suchet, was ihr nicht könnt kriegen,
Und kriegt ihr's, kann's euch nicht vergnügen;
Vergnügt es, wird es euch betrügen
Und muss zuletzt wie Staub zerfliegen.
Wer seinen Schatz bei andern hat,
Ist einem Kaufmann gleich,
Aus andrer Glücke reich.
Bei dem hat Reichtum wenig statt:
Der, wenn er nicht oft Bankerott erlebt,
Doch solchen zu erleben in steten Sorgen schwebt.
Geld, Wollust, Ehr
Sind nicht sehr
In dem Besitztum zu betrachten,
Als tugendhaft sie zu verachten,
Ist unvergleichlich mehr.

4. Aria
Violino, Continuo
Die Schätzbarkeit der weiten Erden
Laß meine Seele ruhig sein.
    Bei dem kehrt stets der Himmel ein,
    Der in der Armut reich kann werden.

5. Recitativo
Continuo
Schwer ist es zwar, viel Eitles zu besitzen
Und nicht aus Liebe drauf, die strafbar, zu erhitzen;
Doch schwerer ist es noch,
Dass nicht Verdruss und Sorgen Zentnern gleicht,
Eh ein Vergnügen, welches leicht
Ist zu erlangen,
Und hört es auf,
So wie der Welt und ihrer Schönheit Lauf,
So folgen Zentner Grillen drauf.
In sich gegangen,
In sich gesucht,
Und sonder des Gewissens Brand
Gen Himmel sein Gesicht gewandt,
Da ist mein ganz Vergnügen,
Der Himmel wird es fügen.
Die Muscheln öffnen sich, wenn Strahlen darauf schießen,

Und zeigen dann in sich die Perlenfrucht:
So suche nur dein Herz dem Himmel aufzuschließen,
So wirst du durch sein göttlich Licht
Ein Kleinod auch empfangen,
Das aller Erden Schätze nicht
Vermögen zu erlangen.

6. Aria
Traversa, Continuo
Meine Seele sei vergnügt,
Wie es Gott auch immer fügt.
    Dieses Weltmeer zu ergründen,
    Ist Gefahr und Eitelkeit,
    In sich selber muss man finden
    Perlen der Zufriedenheit.

7. Recitativo
Continuo
Ein edler Mensch ist Perlenmuscheln gleich,
In sich am meisten reich,

Der nichts fragt nach hohem Stande
Und der Welt Ehr mannigfalt;
Hab ich gleich kein Gut im Lande,
Ist doch Gott mein Aufenthalt.

Was hilft's doch, viel Güter suchen
Und den teuren Kot, das Geld;
Was ist's, auf sein' Reichtum pochen:
Bleibt doch alles in der Welt!

Wer will hoch in Lüfte fliehen?
Mein Sinn strebet nicht dahin;
Ich will nauf im Himmel ziehen,
Das ist mein Teil und Gewinn.

Nichtes ist, auf Freunde bauen,
Ihrer viel gehn auf ein Lot.
Eh wollt ich den Winden trauen
Als auf Freunde in der Not.

Sollte ich in Wollust leben
Nur zum Dienst der Eitelkeit,
Müßt ich stets in Ängsten schweben
Und mir machen selbsten Leid.

Alles Zeitliche verdirbet,
Der Anfang das Ende zeigt;
Eines lebt, das andre stirbet,
Bald den Untergang erreicht.

8. Aria
Traversa, Hautbois I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Himmlische Vergnügsamkeit,
Welches Herz sich dir ergibet,
Lebet allzeit unbetrübet
Und genießt der güldnen Zeit,
Himmlische Vergnügsamkeit.

Göttliche Vergnügsamkeit,
Du, du machst die Armen reich
Und dieselben Fürsten gleich,
Meine Brust bleibt dir geweiht,
Göttliche Vergnügsamkeit.

 
 
BWV 51
Jauchzet Gott in allen Landen

Solo: S; Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 17. September 1730
Text: unbekannter Dichter; 4. Johann Gramann 1549
Anlass: 15. Sonntag nach Trinitatis

1. Aria
Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
Jauchzet Gott in allen Landen!
Was der Himmel und die Welt
An Geschöpfen in sich hält,
Müssen dessen Ruhm erhöhen,
Und wir wollen unserm Gott
Gleichfalls itzt ein Opfer bringen,
Dass er uns in Kreuz und Not
Allezeit hat beigestanden.

2. Recitativo
Violino I/II, Viola, Continuo
Wir beten zu dem Tempel an,
Da Gottes Ehre wohnet,
Da dessen Treu,
So täglich neu,
Mit lauter Segen lohnet.
Wir preisen, was er an uns hat getan.
Muss gleich der schwache Mund von seinen Wundern lallen,
So kann ein schlechtes Lob ihm dennoch wohlgefallen.

3. Aria
Continuo
Höchster, mache deine Güte
Ferner alle Morgen neu.
    So soll vor die Vatertreu
    Auch ein dankbares Gemüte
    Durch ein frommes Leben weisen,
    Dass wir deine Kinder heißen.

4. Choral
Violino I/II, Continuo
Sei Lob und Preis mit Ehren
Gott Vater, Sohn, Heiligem Geist!
Der woll in uns vermehren,
Was er uns aus Gnaden verheißt,
Dass wir ihm fest vertrauen,
Gänzlich uns lass'n auf ihn,
Von Herzen auf ihn bauen,
Dass uns'r Herz, Mut und Sinn
Ihm festiglich anhangen;
Drauf singen wir zur Stund:
Amen, wir werdn's erlangen,
Glaub'n wir aus Herzensgrund.

5. Finale
Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
Alleluja!

 

Texte mit freundlicher Genehmigung übernommen von der Website
The Bach Cantatas (Walter F. Bischof)