Bachkantaten in der Predigerkirche
 
 
BWV 48
Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen

Besetzung: Soli: S A T B, Coro: S A T B, Tromba, Hautbois I/II,
Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 3. Oktober 1723
Text: unbekannter Dichter; 1. Römer 7,24; 3. Martin Rutilius 1607;
7. unbekannter Dichter um 1620
Anlass: 19. Sonntag nach Trinitatis

1. (Coro)
Tromba, Hautbois I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen vom Leibe dieses Todes?

2. Recitativo A
Violino I/II, Viola, Continuo
O Schmerz, o Elend, so mich trifft,
Indem der Sünden Gift
Bei mir in Brust und Adern wütet:
Die Welt wird mir ein Siech- und Sterbehaus,
Der Leib muss seine Plagen
Bis zu dem Grabe mit sich tragen.
Allein die Seele fühlet den stärksten Gift,
Damit sie angestecket;
Drum, wenn der Schmerz den Leib des Todes trifft,
Wenn ihr der Kreuzkelch bitter schmecket,
So treibt er ihr ein brünstig Seufzen aus.

3. Choral
Solls ja so sein,
Dass Straf und Pein
Auf Sünde folgen müssen,
So fahr hie fort
Und schone dort
Und lass mich hie wohl büßen.

4. Aria A
Hautbois, Continuo
Ach, lege das Sodom der sündlichen Glieder,
Wofern es dein Wille, zerstöret darnieder!
Nur schone der Seele und mache sie rein,
Um vor dir ein heiliges Zion zu sein.

5. Recitativo T
Continuo
Hier aber tut des Heilands Hand
Auch unter denen Toten Wunder.
Scheint deine Seele gleich erstorben,
Der Leib geschwächt und ganz verdorben,
Doch wird uns Jesu Kraft bekannt:
Er weiß im geistlich Schwachen
Den Leib gesund, die Seele stark zu machen.

6. Aria T
Hautbois, Violino I/II, Viola, Continuo
Vergibt mir Jesus meine Sünden,
So wird mir Leib und Seele gesund.
Er kann die Toten lebend machen
Und zeigt sich kräftig in den Schwachen,
Er hält den längst geschlossnen Bund,
Dass wir im Glauben Hilfe enden.

7. Choral
Herr Jesu Christ, einiger Trost,
Zu dir will ich mich wenden;
Mein Herzleid ist dir wohl bewusst,
Du kannst und wirst es enden.
In deinen Willen seis gestellt,
Mach's, lieber Gott, wie dir's gefällt:
Dein bleib und will ich bleiben.

 
 

BWV 54
Widerstehe doch der Sünde

Besetzung: Solo: A, Violino I/II, Viola I/II, Continuo
Erstaufführung: Januar 1714
Text: Georg Christian Lehms 1711
Anlass: Oculi

1. Aria A
Violino I/II, Viola I/II, Continuo
Widerstehe doch der Sünde,
Sonst ergreifet dich ihr Gift.
    Laß dich nicht den Satan blenden;
    Denn die Gottes Ehre schänden,
    Trifft ein Fluch, der tödlich ist.

2. Recitativo A
Continuo
Die Art verruchter Sünden
Ist zwar von außen wunderschön;
Allein man muss
Hernach mit Kummer und Verdruss
Viel Ungemach empfinden.
Von außen ist sie Gold;
Doch, will man weiter gehn,
So zeigt sich nur ein leerer Schatten
Und übertünchtes Grab.
Sie ist den Sodomsäpfeln gleich,
Und die sich mit derselben gatten,
Gelangen nicht in Gottes Reich.
Sie ist als wie ein scharfes Schwert,
Das uns durch Leib und Seele fährt.

3. Aria A
Violino I/II, Viola I/II, Continuo
Wer Sünde tut, der ist vom Teufel,
Denn dieser hat sie aufgebracht.
    Doch wenn man ihren schnöden Banden
    Mit rechter Andacht widerstanden,
    Hat sie sich gleich davongemacht.

 
 
BWV 162
Ach! ich sehe, itzt, da ich zur Hochzeit gehe

Besetzung: Soli: S A T B, Coro: S A T B, Corno da tirarsi,
Traversa, Violino I/II, Viola, Bassono, Continuo
(Rekonstruktion der Traversa-Stimme (3. Aria): J.-A. Bötticher)
Erstaufführung: 3. November 1715
Text: Salomo Franck 1715; 6. Johann Rosenmüller 1652
Anlass: 20. Sonntag nach Trinitatis

1. Aria B
Corno da tirarsi, Violino I/II, Viola, Bassono, Continuo
Ach! ich sehe,
Itzt, da ich zur Hochzeit gehe,
Wohl und Wehe.
Seelengift und Lebensbrot,
Himmel, Hölle, Leben, Tod,
Himmelsglanz und Höllenflammen
Sind beisammen.
Jesu, hilf, dass ich bestehe!

2. Recitativo T
Continuo
O großes Hochzeitfest,
Darzu der Himmelskönig
Die Menschen rufen lässt!
Ist denn die arme Braut,
Die menschliche Natur, nicht viel zu schlecht und wenig,
Dass sich mit ihr der Sohn des Höchsten traut?
O großes Hochzeitfest,
Wie ist das Fleisch zu solcher Ehre kommen,
Dass Gottes Sohn
Es hat auf ewig angenommen?
Der Himmel ist sein Thron,
Die Erde dient zum Schemel seinen Füßen,
Noch will er diese Welt
Als Braut und Liebste küssen!
Das Hochzeitmahl ist angestellt,
Das Mastvieh ist geschlachtet;
Wie herrlich ist doch alles zubereitet!
Wie selig ist, den hier der Glaube leitet,
Und wie verflucht ist doch, der dieses Mahl verachtet!

3. Aria S
Traversa, Continuo
Jesu, Brunnquell aller Gnaden,
Labe mich elenden Gast,
Weil du mich berufen hast!
Ich bin matt, schwach und beladen,
Ach! erquicke meine Seele,
Ach! wie hungert mich nach dir!
Lebensbrot, das ich erwähle,
Komm, vereine dich mit mir!

4. Recitativo A
Continuo
Mein Jesu, lass mich nicht
Zur Hochzeit unbekleidet kommen,
Dass mich nicht treu dein Gericht;
Mit Schrecken hab ich ja vernommen,
Wie du den kühnen Hochzeitgast,
Der ohne Kleid erschienen,
Verworfen und verdammet hast!
Ich weiß auch mein Unwürdigkeit:
Ach! schenke mir des Glaubens Hochzeitkleid;
Laß dein Verdienst zu meinem Schmucke dienen!
Gib mir zum Hochzeitkleide
Den Rock des Heils, der Unschuld weiße Seide!
Ach! lass dein Blut, den hohen Purpur, decken
Den alten Adamsrock und seine Lasterflecken,
So werd ich schön und rein
Und dir willkommen sein,
So werd ich würdiglich das Mahl des Lammes schmecken.

5. Aria (Duetto) A T
Continuo
In meinem Gott bin ich erfreut!
Die Liebesmacht hat ihn bewogen,
Dass er mir in der Gnadenzeit
Aus lauter Huld hat angezogen
Die Kleider der Gerechtigkeit.
Ich weiß, er wird nach diesem Leben
Der Ehre weißes Kleid
Mir auch im Himmel geben.

6. Choral
Ach, ich habe schon erblicket
Diese große Herrlichkeit.
Itzund werd ich schön geschmücket
Mit dem weißen Himmelskleid;
Mit der güldnen Ehrenkrone
Steh ich da für Gottes Throne,
Schaue solche Freude an,
Die kein Ende nehmen kann.

 
 

 

Texte mit freundlicher Genehmigung übernommen von der Website
The Bach Cantatas (Walter F. Bischof)