Bachkantaten in der Predigerkirche
So. 12. November  2006, 17 Uhr

 
 
Kantate BWV 60
O Ewigkeit, du Donnerwort

Besetzung: Soli: A T B, Coro: S A T B, Corno, Oboe d'amore I/II,
Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 7. November 1723
Text: Unbekannter Dichter; 1: Johann Rist 1642 und Psalm 119, 166;
4: Offenbarung 14,13; 5: Franz Joachim Burmeister 1662
Anlass: 24. Sonntag nach Trinitatis


Dialogus
Furcht (A), Hoffnung (T), Christus (B)
1. Aria Tenore e Choral Alto
Corno, Oboe d'amore I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Ich weiß vor großer Traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende
Mein ganz erschrocknes Herze bebt
Dass mir die Zung am Gaumen klebt.
Herr, ich warte auf dein Heil.

2. Recitativo A T
Continuo
Alt
O schwerer Gang zum letzten Kampf und Streite!
Tenor
Mein Beistand ist schon da,
Mein Heiland steht mir ja
Mit Trost zur Seite.
Alt
Die Todesangst, der letzte Schmerz
Ereilt und überfällt mein Herz
Und martert diese Glieder.
Tenor
Ich lege diesen Leib vor Gott zum Opfer nieder.
Ist gleich der Trübsal Feuer heiß,
Genung, es reinigt mich zu Gottes Preis.
Alt
Doch nun wird sich der Sünden große Schuld vor mein Gesichte stellen.
Tenor
Gott wird deswegen doch kein Todesurteil fällen.
Er gibt ein Ende den Versuchungsplagen,
Dass man sie kann ertragen.

3. Aria (Duetto) A T
Oboe d'amore, Violino solo, Continuo
Alt
Mein letztes Lager will mich schrecken,
Tenor
Mich wird des Heilands Hand bedecken,
Alt
Des Glaubens Schwachheit sinket fast,
Tenor
Mein Jesus trägt mit mir die Last.
Alt
Das offne Grab sieht greulich aus,
Tenor
Es wird mir doch ein Friedenshaus.

4. Recitativo A e Arioso B
Continuo
Alt
Der Tod bleibt doch der menschlichen Natur verhasst
Und reißet fast
Die Hoffnung ganz zu Boden.
Bass
Selig sind die Toten;
Alt
Ach! aber ach, wieviel Gefahr
Stellt sich der Seele dar,
Den Sterbeweg zu gehen!
Vielleicht wird ihr der Höllenrachen
Den Tod erschrecklich machen,
Wenn er sie zu verschlingen sucht;
Vielleicht ist sie bereits verflucht
Zum ewigen Verderben.
Bass
Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben;
Alt
Wenn ich im Herren sterbe,
Ist denn die Seligkeit mein Teil und Erbe?
Der Leib wird ja der Würmer Speise!
Ja, werden meine Glieder
Zu Staub und Erde wieder,
Da ich ein Kind des Todes heiße,
So schein ich ja im Grabe an verderben.
Bass
Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben, von nun an.
Alt
Wohlan!
Soll ich von nun an selig sein:
So stelle dich, o Hoffnung, wieder ein!
Mein Leib mag ohne Furcht im Schlafe ruhn,
Der Geist kann einen Blick in jene Freude tun.

5. Choral
Corno e Oboe d'amore I e Violino I col Soprano, Oboe d'amore II e Violino II coll'Alto, Viola col Tenore, Continuo
Es ist genug;
Herr, wenn es dir gefällt,
So spanne mich doch aus!
Mein Jesu kömmt;
Nun gute Nacht, o Welt!
Ich fahr ins Himmelshaus,
Ich fahre sicher hin mit Frieden,
Mein großer Jammer bleibt danieden.
Es ist genug.

 
 
Choral BWV 467
Ich lass dich nicht

Text: Wolfgang Christoph Dreßler 1692
Melodie: Anonym 1723
Herkunft: Schemelli Gesangbuch Nr. 734, 1736

1. Ich lass dich nicht,
du musst mein Jesus bleiben,
will herbe Not,
Welt, Höll und Tod
mich aus dem Feld beständger Treue treiben?
Nur her, ich halte mich,
mein starker Held, an dich;
hör, was die Seele spricht:
Du musst mein Jesus bleiben.
Ich lass dich nicht. Ich lass dich nicht.

9. Ich lass dich nicht,
mein Gott! mein Herr! mein Leben!
Mich reißt das Grab
von dir nicht ab,
der du dich hast für mich in Tod gegeben.
Du starbst aus Liebe mir,
ich sag in Liebe dir,
auch wenn mein Herz zerbricht:
Mein Gott! mein Herr! mein Leben!
Ich lass dich nicht. Ich lass dich nicht.

 

Choral BWV 516
Warum betrübst du dich und beugest dich zur Erden

Erstaufführung: vermutlich nach 1733/34
Text und Melodie: Herkunft nicht nachweisbar
Herkunft: Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach Nr. 33, 1725

Warum betrübst du dich und beugest dich zur Erden,
Mein sehr geplagter Geist, mein abgematter Sinn?
Du sorgst, wie will es doch noch endlich mit dir werden,
Und fährest über Welt und über Himmel hin.
Wirst du dich nicht recht fest in Gottes Willen gründen,
Kannst du in Ewigkeit nicht wahre Ruhe finden.

 

Choral BWV 513
O Ewigkeit, du Donnerwort

Text Johann Rist 1642
Melodie: Johann Crüger 1653
Herkunft: Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach Nr. 42, 1725

Ernstliche Betrachtung der unendlichen Ewigkeit.
1. O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Ich weiß für großer Traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende!
Mein ganz erschrocknes Herz erbebt,
Daß mir die Zung am Gaumen klebt

3. O Ewigkeit, du machst mir bang,
O ewig, ewig ist zu lang,
Hie gilt fürwahr kein Scherzen!
Drüm, wenn ich diese lange Nacht
Zusamt der großen Pein betracht,
Erschreck ich recht von Herzen.
Nichts ist zu finden weit und breit
So schrecklich als die Ewigkeit.

16. O Ewigkeit, du Donnerwort,
O Schwert, das durch die Seele bohrt,
O Anfang sonder Ende!
O Ewigkeit, Zeit ohne Zeit,
Ich weiß vor großer Traurigkeit
Nicht, wo ich mich hinwende.
Nimm du mich, wenn es dir gefällt,
Herr Jesu, in dein Freudenzelt!

 
 
BWV 139
Wohl dem, der sich auf seinen Gott

Besetzung: Soli: S A T B, Coro: S A T B, Oboe d'amore I/II,
Violino I/II, Viola, Continuo
Erstaufführung: 12. November 1724
Text: 1,6: Johann Christoph Rüben 1692;
2-5: Umdichtung eines unbekannten Bearbeiters
Anlass: 23. Sonntag nach Trinitatis

1. Coro
Oboe d'amore I/II, Violino I/II, Viola, Continuo
Wohl dem, der sich auf seinen Gott
Recht kindlich kann verlassen!
Den mag gleich Sünde, Welt und Tod
Und alle Teufel hassen,
So bleibt er dennoch wohlvergnügt,
Wenn er nur Gott zum Freunde kriegt.

2. Aria T
Violino concertante, Continuo
Gott ist mein Freund; was hilft das Toben,
So wider mich ein Feind erhoben!
Ich bin getrost bei Neid und Hass.
    Ja, redet nur die Wahrheit spärlich,
    Seid immer falsch, was tut mir das?
    Ihr Spötter seid mir ungefährlich.

3. Recitativo A
Continuo
Der Heiland sendet ja die Seinen
Recht mitten in der Wölfe Wut.
Um ihn hat sich der Bösen Rotte
Zum Schaden und zum Spotte
Mit List gestellt;
Doch da sein Mund so weisen Ausspruch tut,
So schützt er mich auch vor der Welt.

4. Aria B
Oboe d'amore, Violino, Corno
Das Unglück schlägt auf allen Seiten
Um mich ein zentnerschweres Rand.
Doch plötzlich erscheinet die helfende Hand.
Mir scheint des Trostes Licht von weiten;
Da lern ich erst, dass Gott allein
Der Menschen bester Freund muss sein.

5. Recitativo S
Violino I/II, Viola, Continuo
Ja, trag ich gleich den größten Feind in mir,
Die schwere Last der Sünden,
Mein Heiland lässt mich Ruhe finden.
Ich gebe Gott, was Gottes ist,
Das Innerste der Seelen.
Will er sie nun erwählen,
So weicht der Sünden Schuld, so fällt des Satans List.

6. Choral
Oboe d'amore I/II e Violino I col Soprano, Violino II coll'Alto, Viola col Tenore, Continuo
Dahero Trotz der Höllen Heer!
Trotz auch des Todes Rachen!
Trotz aller Welt! mich kann nicht mehr
Ihr Pochen traurig machen!
Gott ist mein Schutz, mein Hilf und Rat;
Wohl dem, der Gott zum Freunde hat!