BWV 94  
Was frag ich nach der Welt

Erstaufführung: 6. August 1724
Text: 1,3,5,7,8: Balthasar Kindermann 1664;
2,4,6: Umdichtungen eines unbekannten Bearbeiters
Anlass: 9. Sonntag nach Trinitatis

1. Coro
Flauto traverso, Oboe I/II, Violino I/II, Viola, Continuo  
Was frag ich nach der Welt
Und allen ihren Schätzen
Wenn ich mich nur an dir,
Mein Jesu, kann ergötzen!
Dich hab ich einzig mir
Zur Wollust fürgestellt,
Du, du bist meine Ruh:
Was frag ich nach der Welt!

2. Aria B
Continuo  
Die Welt ist wie ein Rauch und Schatten
Der bald verschwindet und vergeht,
Weil sie nur kurze Zeit besteht.
Wenn aber alles fällt und bricht,
Bleibt Jesus meine Zuversicht,
An dem sich meine Seele hält.
Darum: was frag ich nach der Welt!

3. Choral e Recitativo T
Oboe I/II, Continuo  
Die Welt sucht Ehr und Ruhm
Bei hocherhabnen Leuten.
Ein Stolzer baut die prächtigsten Paläste,
Er sucht das höchste Ehrenamt,
Er kleidet sich aufs beste
In Purpur, Gold, in Silber, Seid und Samt.
Sein Name soll für allen
In jedem Teil der Welt erschallen.
Sein Hochmuts-Turm
Soll durch die Luft bis an die Wolken dringen,
Er trachtet nur nach hohen Dingen
Und denkt nicht einmal dran,
Wie bald doch diese gleiten.
Oft bläset eine schale Luft
Den stolzen Leib auf einmal in die Gruft,
Und da verschwindet alle Pracht,
Wormit der arme Erdenwurm
Hier in der Welt so grossen Staat gemacht.
Acht! solcher eitler Tand
Wird weit von mir aus meiner Brust verbannt.
Dies aber, was mein Herz
Vor anderm rühmlich hält,
Was Christen wahren Ruhm und rechte Ehre gibet,
Und was mein Geist,
Der sich der Eitelkeit entreißt,
Anstatt der Pracht und Hoffart liebet,
Ist Jesus nur allein,
Und dieser solls auch ewig sein.
Gesetzt, dass mich die Welt
Darum vor töricht hält:
Was frag ich nach der Welt!

4. Aria A
Flauto traverso, Continuo  
Betörte Welt, betörte Welt!
Auch dein Reichtum, Gut und Geld
Ist Betrug und falscher Schein.
Du magst den eitlen Mammon zählen,
Ich will davor mir Jesum wählen;
Jesus, Jesus soll allein
Meiner Seele Reichtum sein.
Betörte Welt, betörte Welt!

5. Choral e Recitativo B
Continuo  
Die Welt bekümmert sich.
Was muss doch wohl der Kummer sein?
O Torheit! dieses macht ihr Pein:
Im Fall sie wird verachtet.
Welt, schäme dich!
Gott hat dich ja so sehr geliebet,
Dass er sein eingebornes Kind
Vor deine Sünd
Zur größten Schmach um dein Ehre gibet,
Und du willst nicht um Jesu willen leiden?
Die Traurigkeit der Welt ist niemals größer,
Als wenn man ihr mit List
Nach ihren Ehren trachtet.
Es ist ja besser,
Ich trage Christi Schmach,
Solang es ihm gefällt.
Es ist ja nur ein Leiden dieser Zeit,
Ich weiß gewiss, dass mich die Ewigkeit
Dafür mit Preis und Ehren krönet;
Ob mich die Welt
Verspottet und verhöhnet,
Ob sie mich gleich verächtlich hält,
Wenn mich mein Jesus ehrt:
Was frag ich nach der Welt!

6. Aria T
Violino I/II, Viola, Continuo  
Die Welt kann ihre Lust und Freud,
Das Blendwerk schnöder Eitelkeit,
Nicht hoch genug erhöhen.
    Sie wühlt, nur gelben Kot zu finden,
    Gleich einem Maulwurf in den Gründen
    Und lässt dafür den Himmel stehen.

7. Aria S
Oboe d'amore solo, Continuo  
Es halt es mit der blinden Welt,
Wer nichts auf seine Seele hält,
Mir ekelt vor der Erden.
    Ich will nur meinen Jesum lieben
    Und mich in Buß und Glauben üben,
    So kann ich reich und selig werden.

8. Choral
Flauto traverso in octava e Oboe I e Violino I col Soprano,
Oboe II e Violino II coll'Alto, Viola col Tenore, Continuo
 
Was frag ich nach der Welt!
Im Hui muss sie verschwinden,
Ihr Ansehn kann durchaus
Den blassen Tod nicht binden.
Die Güter müssen fort,
Und alle Lust verfällt;
Bleibt Jesus nur bei mir:
Was frag ich nach der Welt!

Was frag ich nach der Welt!
Mein Jesus ist mein Leben,
Mein Schatz, mein Eigentum,
Dem ich mich ganz ergeben,
Mein ganzes Himmelreich,
Und was mir sonst gefällt.
Drum sag ich noch einmal:
Was frag ich nach der Welt!

 

BWV 168  
Tue Rechnung! Donnerwort

Erstaufführung: 29. Juli 1725
Text: Salomo Franck 1715; 6: Bartholomäus Ringwaldt 1588
Anlass: 9. Sonntag nach Trinitatis

1. Aria B
Violino I/II, Viola, Continuo  
Tue Rechnung! Donnerwort,
Das die Felsen selbst zerspaltet,
Wort, wovon mein Blut erkaltet!
Tue Rechnung! Seele, fort!
Ach, du musst Gott wiedergeben
Seine Güter, Leib und Leben.
Tue Rechnung! Donnerwort!

2. Recitativo T
Oboe d'amore I/II, Continuo  
Es ist nur fremdes Gut,
Was ich in diesem Leben habe;
Geist, Leben, Mut und Blut
Und Amt und Stand ist meines Gottes Gabe,
Es ist mir zum Verwalten
Und treulich damit hauszuhalten
Von hohen Händen anvertraut.
Ach! aber ach! mir graut,
Wenn ich in mein Gewissen gehe
Und meine Rechnungen so voll Defekte sehe!
Ich habe Tag und Nacht
Die Güter, die mir Gott verliehen,
Kaltsinnig durchgebracht!
Wie kann ich dir, gerechter Gott, entfliehen?
Ich rufe flehentlich:
Ihr Berge fallt! ihr Hügel decket mich
Vor Gottes Zorngerichte
Und vor dem Blitz von seinem Angesichte!

3. Aria T
Oboe d'amore I/II all' unisono, Continuo  
Kapital und Interessen,
Meine Schulden groß und klein
Müssen einst verrechnet sein.
Alles, was ich schuldig blieben,
Ist in Gottes Buch geschrieben
Als mit Stahl und Demantstein.

4. Recitativo B
Continuo  
Jedoch, erschrocknes Herz, leb und verzage nicht!
Tritt freudig vor Gericht!
Und überführt dich dein Gewissen,
Du werdest hier verstummen müssen,
So schau den Bürgen an,
Der alle Schulden abgetan!
Es ist bezahlt und völlig abgeführt,
Was du, o Mensch, in Rechnung schuldig blieben;
Des Lammes Blut, o großes Lieben!
Hat deine Schuld durchstrichen
Und dich mit Gott verglichen.
Es ist bezahlt, du bist quittiert!
Indessen,
Weil du weißt,
Dass du Haushalter seist,
So sei bemüht und unvergessen,
Den Mammon klüglich anzuwenden,
Den Armen wohlzutun,
So wirst du, wenn sich Zeit und Leben enden,
In Himmelshütten sicher ruhn.

5. Aria (Duetto) S A
Continuo  
Herz, zerreiß des Mammons Kette,
Hände, streuet Gutes aus!
Machet sanft mein Sterbebette,
Bauet mir ein festes Haus,
Das im Himmel ewig bleibet,
Wenn der Erde Gut zerstäubet.

6. Choral
Oboe d'amore I/II e Violino I col Soprano, Violino II coll'Alto,
Viola col Tenore, Continuo  
Stärk mich mit deinem Freudengeist,
Heil mich mit deinen Wunden,
Wasch mich mit deinem Todesschweiß
In meiner letzten Stunden;
Und nimm mich einst, wenn dirs gefällt,
In wahrem Glauben von der Welt
Zu deinen Auserwählten.

 

Texte mit freundlicher Genehmigung übernommen von der
Bach Cantata Page, created by Walter F. Bischof