BWV 184
Erwünschtes Freudenlicht

Erstaufführung: 30. Mai 1724
Text: unbekannter Dichter ; 5: Anarg von Widerfels, publiziert 1526

1. Recitativo T
Flauto traverso I/II, Continuo  
Erwünschtes Freudenlicht,
Das mit dem neuen Bund anbricht
Durch Jesum, unsern Hirten!
Wir, die wir sonst in Todes Tälern irrten,
Empfinden reichlich nun,
Wie Gott zu uns den längst erwünschten Hirten sendet,
Der unsre Seele speist
Und unsern Gang durch Wort und Geist
Zum rechten Wege wendet.
Wir, sein erwähltes Volk, empfinden seine Kraft;
In seiner Hand allein ist, was uns Labsal schafft,
Was unser Herze kräftig stärket.
Er liebt uns, seine Herde,
Die seinen Trost und Beistand merket.
Er ziehet sie vom Eitlen, von der Erde,
Auf ihn zu schauen
Und jederzeit auf seine Huld zu trauen.
O Hirte, so sich vor die Herde gibt,
Der bis ins Grab und bis in Tod sie liebt!
Sein Arm kann denen Feinden wehren,
Sein Sorgen kann uns Schafe geistlich nähren,
Ja, kömmt die Zeit, durchs finstre Tal zu gehen,
So hilft und tröstet uns sein sanfter Stab.
Drum folgen wir mit Freuden bis ins Grab.
Auf! Eilt zu ihm, verklärt vor ihm zu stehen.

2. Aria (Duetto) S A
Flauto traverso I/II, Violino I/II, Viola, Continuo  
Gesegnete Christen, glückselige Herde,
Kommt, stellt euch bei Jesu mit Dankbarkeit ein!
    Verachtet das Locken der schmeichlenden Erde,
    Dass euer Vergnügen vollkommen kann sein!

3. Recitativo T
Continuo  
So freuet euch, ihr auserwählten Seelen!
Die Freude gründet sich in Jesu Herz.
Dies Labsal kann kein Mensch erzählen.
Die Freude steigt auch unterwärts
Zu denen, die in Sündenbanden lagen,
Die hat der Held aus Juda schon zuschlagen.
Ein David steht uns bei.
Ein Heldenarm macht uns von Feinden frei.
Wenn Gott mit Kraft die Herde schützt,
Wenn er im Zorn auf ihre Feinde blitzt,
Wenn er den bittern Kreuzestod
Vor sie nicht scheuet,
So trifft sie ferner keine Not,
So lebet sie in ihrem Gott erfreuet.
Hier schmecket sie die edle Weide
Und hoffet dort vollkommne Himmelsfreude.

4. Aria T
Violino solo, Continuo  
Glück und Segen sind bereit,
Die geweihte Schar zu krönen.
    Jesus bringt die güldne Zeit,
    Welche sich zu ihm gewöhnen.

5. Choral
Flauto traverso I/II, Violino I col Soprano,
Violino II coll'Alto, Viola col Tenore, Continuo  
Herr, ich hoff je, du werdest die
In keiner Not verlassen,
Die dein Wort recht als treue Knecht
Im Herzn und Glauben fassen;
Gibst ihn' bereit die Seligkeit
Und lässt sie nicht verderben.
O Herr, durch dich bitt ich, lass mich
Fröhlich und willig sterben.

6. Coro
Flauto traverso I/II all' unisono, Violino I/II, Viola, Continuo  
Guter Hirte, Trost der Deinen,
Laß uns nur dein heilig Wort!
    Laß dein gnädig Antlitz scheinen,
    Bleibe unser Gott und Hort,
    Der durch allmachtsvolle Hände
    Unsern Gang zum Leben wende!

 

Kantate BWV 39  
Brich dem Hungrigen dein Brot

Erstaufführung: 23. Juni 1726
Text: unbekannter Dichter; 1: Jesaja 58,7-8;
4: Hebräer 13,16; 7: David Denicke, publiziert 1648

Erster Teil  

1. Coro
Flauto I/II, Oboe I/II, Violino I/II, Viola, Continuo  
Brich dem Hungrigen dein Brot und die, so in Elend sind, führe ins Haus!
So du einen nackend siehest, so kleide ihn und entzeuch dich nicht von deinem Fleisch.
Alsdenn wird dein Licht herfürbrechen wie die Morgenröte, und deine Besserung
wird schnell wachsen, und deine Gerechtigkeit wird für dir hergehen,
und die Herrlichkeit des Herrn wird dich zu sich nehmen.

2. Recitativo B
Continuo  
Der reiche Gott wirft seinen Überfluss
Auf uns, die wir ohn ihn auch nicht den Odem haben.
Sein ist es, was wir sind; er gibt nur den Genuss,
Doch nicht, dass uns allein
Nur seine Schätze laben.
Sie sind der Probestein,
Wodurch er macht bekannt,
Dass er der Armut auch die Notdurft ausgespendet,
Als er mit milder Hand,
Was jener nötig ist, uns reichlich zugewendet.
Wir sollen ihm für sein gelehntes Gut
Die Zinsen nicht in seine Scheuren bringen;
Barmherzigkeit, die auf dem Nächsten ruht,
Kann mehr als alle Gab ihm an das Herze dringen.

3. Aria A
Violino solo, Oboe I, Continuo  
Seinem Schöpfer noch auf Erden
Nur im Schatten ähnlich werden,
Ist im Vorschmack selig sein.
Sein Erbarmen nachzuahmen,
Streuet hier des Segens Samen,
Den wir dorten bringen ein.

Zweiter Teil  

4. Aria B
Continuo  
Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht; denn solche Opfer gefallen Gott wohl.

5. Aria S
Flauto I/II all' unisono, Continuo  
Höchster, was ich habe,
Ist nur deine Gabe.
Wenn vor deinem Angesicht
Ich schon mit dem meinen
Dankbar wollt erscheinen,
Willt du doch kein Opfer nicht.

6. Recitativo A
Violino I/II, Viola, Continuo  
Wie soll ich dir, o Herr, denn sattsamlich vergelten,
Was du an Leib und Seel mir hast zugutgetan?
Ja, was ich noch empfang, und solches gar nicht selten,
Weil ich mich jede Stund noch deiner rühmen kann?
Ich hab nichts als den Geist, dir eigen zu ergeben,
Dem Nächsten die Begierd, dass ich ihm dienstbar werd,
Der Armut, was du mir gegönnt in diesem Leben,
Und, wenn es dir gefällt, den schwachen Leib der Erd.
Ich bringe, was ich kann, Herr, lass es dir behagen,
Dass ich, was du versprichst, auch einst davon mög tragen.

7. Choral
Flauto I/II in octava e Oboe I/II e Violino I col Soprano,
Violino II coll'Alto, Viola col Tenore, Continuo  
Selig sind, die aus Erbarmen
Sich annehmen fremder Not,
Sind mitleidig mit den Armen,
Bitten treulich für sie Gott.
Die behülflich sind mit Rat,
Auch, womöglich, mit der Tat,
Werden wieder Hülf empfangen
Und Barmherzigkeit erlangen.

 

 

Texte mit freundlicher Genehmigung übernommen von der
Bach Cantata Page (Walter F. Bischof)